Mitarbeiterporträts

Willkommen bei Goodyear

Gelebtes Europa: Goodyear verwebt neueste Reifentechnik mit kultureller Vielfalt – ein deutscher Ingenieur, eine türkische Fachkraft und ein polnischer Handwerker teilen ihre Perspektive

von Werner Fricke

· Lesezeit 5 Minuten.
Es gibt immer etwas zu tun: Seit 32 Jahren arbeitet Waldemar Schweda bei Goodyear in der Schweißerei. Foto: KAUTSCHUK/Gerd Scheffler

Hanau. Treffen in der Werkswache 2 bei Goodyear in Hanau: Zuerst die Sicherheitsfragen online beantworten, Schutzbrille auf, Warnweste und Sicherheitsschuhe an – dann geht’s los in die Fertigung. Hier ist es warm, sauber, und es riecht nach Gummi. Sophie Roth aus der Kommunikationsabteilung führt uns entlang der modernen Produktionsstraßen.

Hightech in der Reifenproduktion: Für Selda Saban ist das Alltag. Die 35-jährige Türkin arbeitet seit drei Jahren bei Goodyear – bereits in dritter Generation. „Meine Oma, meine Mutter und mein Vater – sie alle haben hier gearbeitet“, erzählt sie und erinnert sich noch gut daran, dass in der Familie oft über die Arbeit gesprochen wurde. „Als Kind habe ich viel davon gehört, dass bei Goodyear auch Matratzen und Tennisbälle hergestellt wurden.“ Doch das ist längst vorbei.

Leichte Arbeit an modernen Maschinen: Selda Saban produziert Halbzeuge für den Reifenbau. Foto: KAUTSCHUK/Gerd Scheffler

Leichte Arbeit an modernen Maschinen: Selda Saban produziert Halbzeuge für den Reifenbau. Foto: KAUTSCHUK/Gerd Scheffler

Ihre Familie ist stolz darauf, dass Saban an der hochmodernen Wulstmaschine arbeitet – einem wichtigen Bestandteil der Reifenherstellung. Die Wulst sitzt direkt auf der Felge und sorgt für den festen Sitz des Reifens. Sie besitzt zudem die Funktion, luftdicht zu verschließen und somit bei schlauchlosen Reifen einen konstanten Luftdruck zu gewährleisten.

Von Handarbeit zu HighTech

Früher wurden Halbzeuge, wie eben die Wulst, in mühevoller Handarbeit hergestellt und erforderten kraftraubende Arbeitsschritte. Heute übernimmt das eine vollautomatische Anlage, die seit 2022 in der Materialvorbereitung eingesetzt wird. Das alte Vorurteil, Jobs in der Reifenindustrie seien schwer, laut und dreckig, wird hier widerlegt. Das erledigen jetzt Roboter. „Hier zu arbeiten, das ist auch für mich als Frau überhaupt kein Problem“, sagt Saban und nimmt am Display der Anlage eine Einstellung vor.

„Machosprüche habe ich noch nie gehört“
Selda Saban

Die angenehmen Arbeitsbedingungen bieten Gelegenheit für ein ausführliches Gespräch. Gerne erzählt die sympathische junge Frau mit dem gewinnenden Lächeln von der angenehmen Zusammenarbeit mit ihren elf männlichen Kollegen: „Machosprüche habe ich noch nie gehört. Im Gegenteil, wir sind ein echt gutes Team.“ Schon als Kind habe sie immer den Wunsch gehabt, technische Zusammenhänge zu verstehen. Diesen Ehrgeiz spürt sie auch heute noch. „Ich bin erst zufrieden, wenn alles funktioniert und die Abläufe reibungslos laufen. Sonst bekomme ich schlechte Laune.“

Sie spürt die große Verantwortung und weiß, dass Qualität besonders wichtig ist. „Mit unseren Reifen fahren viele, viele Menschen. Das macht mich total stolz und spornt mich immer wieder an.“ Inzwischen ertappt sie sich immer wieder dabei, dass sie auch in ihrer Freizeit einen kritischen Blick auf die Qualität von Autoreifen wirft. Spontan erzählt sie von ihrem letzten Urlaub in der Türkei: „Da habe ich den Kollegen ein Foto von einem schicken Auto mit unseren Reifen geschickt.“ Und dann gibt Saban zu: „Es ist schon ein tolles Gefühl, dass ich diese Reifen vielleicht mitgebaut habe.“

Infiziert mit dem „Gummi-Virus“

Diese hohe Identifikation mit dem Beruf beeindruckt auch ihren Chef Pierre Blum. „Die Zusammenarbeit macht richtig viel Spaß. Selda gibt immer 100 Prozent“, sagt er. Der 31-jährige Maschinenbauingenieur leitet bei Goodyear in Hanau unter anderem die Materialvorbereitung für Halbzeuge.

Karriere bei Goodyear: Der studierte Maschinenbauingenieur Pierre Blum ist heute Abteilungsleiter. Foto: KAUTSCHUK/Gerd Scheffler

Karriere bei Goodyear: Der studierte Maschinenbauingenieur Pierre Blum ist heute Abteilungsleiter. Foto: KAUTSCHUK/Gerd Scheffler

Den Kontakt zum Reifenhersteller knüpfte er bereits während des Studiums. „Früher hatte ich mit Reifen nichts am Hut. Im Praxissemester wurde ich mit dem Gummi-Virus infiziert“, erzählt er. Mittlerweile ist daraus eine Leidenschaft geworden. „Als ich dann meine Diplomarbeit bei Goodyear in Fulda geschrieben habe, hat es mich gepackt.“ Längst ist sein Verantwortungsbereich deutlich gewachsen. Er ist verantwortlich für 240 Mitarbeitende. Auch die Arbeitssicherheit im Werk gehört zu seinen Aufgaben. Er weiß: „Kollegen, die sich sicher fühlen und wissen, dass sich ihr Arbeitgeber um ihre Sicherheit und Gesundheit kümmert, sind in der Regel motivierter und engagierter.“ Weil sich das fast immer auch positiv auf die Leistung des Unternehmens auswirke, führe dies zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit. „Mein Antrieb ist, dass alle Mitarbeiter gesund nach Hause kommen.“

Die Grüne Werkstatt

Manchmal sind bei Goodyear auch Sonderanfertigungen nötig. Metall entgraten, Baugruppen schweißen, Werkstücke schleifen – da sind Kreativität und Erfahrung der Handwerker gefragt. Einer von ihnen ist Waldemar Schweda. Rund 400 Quadratmeter ist seine Werkstatt groß. Wer sie betritt, ist erstaunt: Grüne Pflanzen umranken Schweißkabinen, Werkbänke und Ausbrennmaschinen. „Ich bin begeisterter Hobbygärtner“, sagt der 56-Jährige. Schon seit 32 Jahren arbeitet er in der Schweißerei.

Nur keine Panik: Hektik hat in der Werkstatt von Waldemar Schweda nichts verloren. Foto: KAUTSCHUK/Gerd Scheffler

Nur keine Panik: Hektik hat in der Werkstatt von Waldemar Schweda nichts verloren. Foto: KAUTSCHUK/Gerd Scheffler

„Waldemar rät: Ruhe bewahren!“ – ein ausgeschnittener Zeitungsartikel hängt an der Wand. „Das ist mein Motto. Hektik bringt doch nichts“, sagt Schweda. Die nötige Ruhe tankt er nach Feierabend in seinem Kleingarten. Er war erst 24 Jahre alt, als er nach seiner Schweißerausbildung aus Polen nach Deutschland kam – ohne Eltern und Geschwister. „Das war nicht einfach, aber ich habe schnell Freunde gefunden“, erinnert er sich. Und auch mit dem Job bei Goodyear ging es besonders schnell. Knapp ein Jahr lang besuchte er einen Sprachkurs in Offenbach. Dann kam das Vorstellungsgespräch bei Goodyear. „Ich erinnere mich noch gut“, lacht Waldemar Schweda. „Donnerstags habe ich mich vorgestellt und schon am Montag darauf stand ich hier in der Werkstatt.“ Bereut hat er den Schritt nie. „Wir sind zwar eine große Firma, aber ich fühle mich hier pudelwohl.“

Goodyear Germany GmbH – die Fakten

Goodyear ist einer der größten Reifenhersteller der Welt. Das Unternehmen beschäftigt rund 71.000 Mitarbeitende und produziert an 55 Standorten in 22 Ländern rund um den Globus. Goodyear beschäftigt in Deutschland rund 5.500 Mitarbeitende an insgesamt sieben Standorten, darunter fünf Werke in Hanau, Fulda, Wittlich, Fürstenwalde und Riesa.

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