Mitarbeiterporträts
Verfahrensmechaniker-Azubi von Reifenspezialist Conti bestand als Bundesbester
Schule war nicht sein Ding. Bei Jan Markwitz platzte der Knoten in der Ausbildung. Der Verfahrensmechaniker hat in der Reifenfabrik von Continental im hessischen Korbach gelernt. In seiner Sparte schloss er als Bundesbester ab.
von Werner Fricke
Jan Markwitz kennt sich in den riesigen Produktionshallen bei Continental im hessischen Korbach aus. Hier ein kurzes „Hallo“ zu Kollegen, da ein Wink zu anderen Beschäftigten – und mit Besuchern beim Gang durch die Werkhallen immer auf den gekennzeichneten Wegen bleiben! Man spürt: Jan Markwitz fühlt sich pudelwohl in einer der größten und modernsten Reifen- und Schlauchfabriken Europas. Dabei hat er gerade erst die Ausbildung beendet, das aber mit Erfolg: Im vergangenen Jahr war er in seiner Fachrichtung Bundessieger bei der Prüfung zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik.
„Ich kann mich noch sehr gut an die ersten Tage der Ausbildung erinnern“, erzählt Markwitz. Der 21-Jährige kommt aus einem kleinen Dorf, das rund 40 Kilometer von Korbach entfernt ist. „Der Gegensatz war gewaltig, anfangs wirkte hier alles wahnsinnig groß auf mich.“ Doch Markwitz gewöhnte sich rasch daran. Er hatte ja unbedingt zu Conti gewollt. Nach dem Abitur hatte er „keinen Bock auf ein Studium“, er wollte etwas Praktisches machen. „Schule war nicht mein Ding, die Zensuren eher schlechter Durchschnitt. Chemie hatte ich in der Oberstufe abgewählt. Das lag mir überhaupt nicht.“
Als Schüler schraubte er gern, ölige Finger machen ihm nichts aus
Und heute ist er Bundessieger in seinem Beruf (in der Fachrichtung Mehrschichtkautschukteile) und schwärmt in den höchsten Tönen vom Chemie-Unterricht in der Berufsschule. „Die Lehrer in der Berufsbildenden Schule in Korbach sind top.“ Er ist sich sicher: „Irgendwann platzt bei jedem der Knoten. Bei mir war es in der Berufsschule.“
Markwitz hat aber auch Benzin im Blut. Zu Hause stehen zwei Motorräder neben seinem Auto in der Garage. Sobald das Wetter es erlaubt, ist er mit seiner Enduro unterwegs. „Schon als Schüler habe ich gern geschraubt“, erzählt er. Ölige Finger machen ihm nichts aus. Deshalb wurde er neugierig, als ein Freund von seiner Arbeit bei Conti erzählte. „Wir plauderten beim Bier darüber, was er so im Job macht. Das fand ich spannend. Und natürlich auch, dass man nicht schlecht verdient“, sagt er.
Die drei Jahre Ausbildung mit 15 weiteren jungen Leuten nennt er eine schöne Zeit. Nicht alles war super. „Wir mussten einen Hammer feilen. Sechs oder sieben Wochen ging das, ich habe den rechten Winkel nicht hingekriegt. Die anderen Auszubildenden waren viel schneller.“ Heute sieht Markwitz es locker: „Wenn man keine Fehler macht, dann lernt man auch nichts.“
Jetzt träumt der junge Mann von einem Transporter für Reisen
Der Titel Bundessieger ist ihm nicht so wichtig, erzählt er. „Aber das festliche Abendessen bei der IHK war super.“
Heute arbeitet er im Conti-Reifenwerk im neuen „Kalander-Saal“, an einer hochautomatischen Anlage. Hier werden unterschiedliche Textilgewebe mit einer Unter- und Oberplatte gummiert. Markwitz achtet aber auch darauf, dass der private Ausgleich nicht zu kurz kommt. Er weiß, was er will: „Ich werde etwas Geld sparen, mir dann einen Transporter kaufen und damit reisen.“
Verfahrensmechaniker
Azubis für Kunststoff- und Kautschuktechnik im Jahr 2020
- 3.143 junge Leute lernten den Beruf in der Fachrichtung Formteile.
- 1.167 Azubis hatten die Sparte Halbzeuge gewählt.
- 192 Jugendliche spezialisierten sich auf Mehrschichtkautschukteile.
Interview: „Die Ausbildung wird digitaler“
Mehr als 150 Auszubildende und dual Studierende bildet Continental am Standort Korbach aus“. Sofie Hammerl, Leiterin der Aus- und Weiterbildung, erklärt im Gespräch den Wandel in der Berufsausbildung in Korbach und welche Wege der Konzern in der Region gehen muss, um die richtigen Talente zu gewinnen.
Wie stark spüren Sie Veränderungsdruck in der Berufsausbildung?
Sehr stark, das ist ein vor allem digital getriebener Veränderungsdruck. Das Tempo ist nicht nur viel höher als früher, die technologischen Neuerungen sind auch viel breiter. Das ist für uns eine sehr große Herausforderung in der Aus- und Weiterbildung, weil in Zukunft so gut wie alles digitalisiert und aufgrund von Industrie 4.0 miteinander verzahnt sein wird.
Was bedeutet das konkret für die Ausbildung?
Wir werden weiterhin Grundkenntnisse vermitteln, weil zum Beispiel handwerkliche Fertigkeiten nach wie vor ein wichtiges Fundament sind. Wo immer möglich, werden wir jedoch digitalisieren – mit Lernplattformen im Web, 3-D-Druckern, kleinen Kobots oder Schweißsimulationen. Das ist ähnlich wie bei einem Flugsimulator: Eine VR-Brille mit hochauflösender Grafik ermöglicht ein realitätsnahes Schweißerlebnis. Natürlich werden die Berichtshefte zukünftig digital geführt. Das macht den jungen Leuten total viel Spaß und motiviert sie enorm.
Welche Erfahrungen haben Sie in der Corona-Zeit gemacht?
Wenn Auszubildende in Homeoffice oder Homeschooling waren, ermöglichten die digitalen Medien, im individuellen Tempo zu lernen.
Wer so fortschrittlich ist, muss sich um Bewerber vermutlich keine Sorgen machen?
Nun ja, der Ausbildungsmarkt wandelt sich immer mehr. Im Kampf um die besten Talente müssen wir um die Jugendlichen werben und dafür neue Wege gehen. Wir haben darüber hinaus eine große soziale Verantwortung. Deshalb schulen wir die jungen Leute nicht nur in Fragen der richtigen Ernährung oder Ergonomie, sondern zum Beispiel auch im Umgang mit Social Media und Mobbing. Und wir bieten den Azubis Workshops zur 150-jährigen Historie von Continental an.
Unterstützt von aktiv-online.