Mitarbeiterporträts
Die Ideen-Retter von KET Kunststoff- und Elasttechnik in Radeberg
Wie im Flipperautomaten fühlt sich Janis Hildebrand mitunter: „Um Material zu bekommen, wird man von einer zur anderen Herausforderung gestoßen", sagt der Entwickler von KET. Warum er seinem Job liebt, lesen Sie hier.
von Werner Fricke
Janis Hildebrand geht durch die Produktion der KET Radeberg. Er hat das Telefon am Ohr. Noch schnell ein Versuch, vielleicht kann ein Rohstoffhändler überraschend liefern? „Vergeblich“, sagt er. „Früher haben wir zwei bis vier Wochen gewartet, heute sind es mindestens vier bis sechs Monate, wenn wir überhaupt Material bekommen.“
Hildebrand ist Entwicklungsingenieur bei der KET Kunststoff- und Elasttechnik in Radeberg bei Dresden. Das Unternehmen (32 Mitarbeiter) ist Spezialist für Teile aus Silikon, Kunststoff oder Gummi. Sie werden benötigt, um medizinische oder biotechnische Produkte zu fertigen. Auch Autozulieferer, Maschinenbauer und Elektroanlagenbauer bestellen beim Traditionsunternehmen.
Nach dem Master-Abschluss zurück in die sächsische Heimat
Bis jetzt, erzählt der 35-Jährige, sei noch kein Projekt gestorben, aufgrund der Rohstoffknappheit werde es aber extrem schwierig, Termine zu halten. Er muss seine Kunden immer wieder vertrösten. „Ich fühle mich wie in einem Flipperautomaten“, sagt er. „Um Material zu bekommen, wird man von einer zur anderen Herausforderung gestoßen.“
Hildebrand hat Medizintechnik studiert und wollte nach seinem Master-Abschluss auf jeden Fall in ein mittelständisches Unternehmen. Dass er zurück in seine sächsische Heimat konnte, kam ihm auch sehr gelegen. Warum ging er nicht in die Forschung an einer Uni oder in die Forschung und Entwicklung eines großen Konzerns? Hildebrand geht es um direkten Kontakt zum Kunden, um dessen Idee und am Ende um den Nutzen im Alltag. „Es ist spannend, ein Teil von der Entwicklung bis zur Produktion und im späteren Einsatz zu begleiten. Wenn meine Entwicklungen später Menschen helfen, ist das ein unglaublich schönes Gefühl.“
Das sieht Katja Hoffmann sehr ähnlich. Sie hat Zweiradmechanikerin gelernt und anschließend Maschinenbau studiert. Weil sie ein Praxissemester brauchte, bewarb sie sich bei KET. „Hier passt für mich alles. Ich genieße den engen Kontakt mit den Kollegen und vor allem mit den Kunden“, erzählt die 34-Jährige. Dafür nimmt sie auch in Kauf, täglich rund 50 Kilometer anzureisen. „Großindustrie? Nein, das wäre nicht mein Ding“, sagt sie. Bei KET würden keine Zensuren oder Abschlüsse entscheiden, hier ist die technische Herausforderung wichtig, berichtet sie.
Katja Hoffmann und Janis Hildebrand sind das Entwickler-Team bei KET. Vom Typ her sind sie ihrem Chef Gunter Böttcher sehr ähnlich. Auch der Geschäftsführer ist ein leidenschaftlicher Tüftler und Entwickler, der aus einem Ingenieurbüro kam und sich mit Entwicklungen und Konstruktionen wie dem ersten automatischen Fahrrad-Parkhaus Europas oder Neuheiten für Baumaschinen einen Namen machte.
Die beiden Entwickler wissen es sehr zu schätzen, dass der Chef ihnen den nötigen Freiraum lässt, um die Produkte zu entwickeln. Das hat geholfen, um sich nach und nach auf Silikonprodukte zu spezialisieren. „Inzwischen sind es 50 Prozent, die für die Medizintechnik und Hochspannungstechnik eingesetzt werden“, so Böttcher. Was im Detail bei KET entwickelt wird, unterliegt freilich Geheimhaltungsvereinbarungen mit den Kunden.
Dank des neuen Verfahrens sind weniger Tierversuche nötig
Allerdings hat das Unternehmen einige Spezialitäten zu bieten. Mit Forschern der Uni-Klinik Leipzig hat es druckbare elastische Trägersysteme aus Silikon entwickelt, auf denen sich menschliche Stammzellen ansiedeln und dann räumlich wachsen. Das ist ein entscheidender Fortschritt gegenüber den derzeit verfügbaren Zellkultursystemen, weil Forscher mit solchen Zellkulturen neue Wirkstoffe und Chemikalien prüfen. Bei den derzeitigen Kultursystemen wachsen die Zellen nur zweidimensional. Das aber bildet ein funktionierendes Organsystem nur ungenügend ab. Vorteil des neuen Verfahrens: Tests zur toxikologischen Wirkung von Chemikalien oder Pharmaka sind aussagekräftiger, deshalb sind weniger Tierversuche nötig.
Beiden Entwicklern ist es wichtig, dass KET im Austausch mit Forschungsinstituten bleibt und mit anderen mittelständischen Betrieben vernetzt ist. „Uns reizt es, die Dinge von der Innovation her zu denken“, sagt Hoffmann. „Das ist typisch KET.“
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