Debatte
Der Einwuff: Wie gehe ich mit Kritik um?
Eine Glosse
von Bonzo, dem Ballonhund
Kennt ihr den Dackel Gustav? Das ist der, der neulich in Hannover unfreiwillig seinen großen Auftritt hatte: Weil sein Herrchen, der damalige Ballettchef der Staatsoper, der Ballettkritikerin der „FAZ“ einen Beutel Gustav-Kot ins Gesicht geschmiert hat. Der Mann war beleidigt, weil die Kritikerin mit seiner Arbeit manchmal so kritisch war. So was aber auch. Was für eine ekelhafte Aktion. Und was für ein trauriger Mensch.
Mich hat das zum Nachdenken über unseren Umgang mit Kritik gebracht. Schließlich konnte ich hier beim Kautschuk-Arbeitgeberverband riechen, was da kaum einen Kilometer entfernt passiert war. Zunächst mal: Ich kenne mich nicht gut damit aus, was in Opernhäusern passiert. Gitarren in Pubs sind mein Ding. Aber ich finde es einerseits komisch, dass es eine Berufsgruppe gibt mit der Aufgabe: Sieh dir das an und schreib, was du daran gut oder mies findest. Andererseits sind Künstler grundsätzlich selber schuld: Wenn ich mein Häufchen in aller Öffentlichkeit inszeniere, muss ich damit rechnen, dass man kritisch hinguckt.
In der Kautschukindustrie lassen wir erstens niemanden einfach durch die Hallen laufen. Und zweitens haben wir den Vorteil, dass Dinge objektiv messbar sind: Ob die Kollegen in der Qualitätskontrolle etwas kritisieren, hat nichts mit Stimmung oder Geschmack zu tun. Keiner wird zum Beispiel sagen: „Diesem Schnuller mangelt es an gegenwärtiger Relevanz; er lässt den Beobachter im Unklaren, was er will und soll.“ Sondern: „Materialfehler, weg damit.“ Klare Ansage, kein Beleidigtsein, keine Kot-Attacke. Rezeptur korrigieren oder Maschine neu einstellen, weiter.
Vielleicht wäre mehr Technologie auch was fürs Ballett. Künstliche Intelligenz produziert ja schon Texte und Fotos. Kann doch nicht so schwer sein, einen Algorithmus für Choreografien aufzusetzen, die die Menschen dann abtanzen. Wenn das Publikum buht, ist die Maschine schuld. Neu einstellen, weiter. Ich werde das mal mit Gustav besprechen. Wir treffen uns gleich zu einer öffentlichen Performance.