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Betriebe an der Belastungsgrenze

Kautschuk-Konjunktur: Auftragsmangel und Kurzarbeit, dazu politische Unsicherheiten – die Lage der Gummibranche ist ernst, wie der wdk klarmacht

von Roman Winnicki

· Lesezeit 2 Minuten.
wdk-Herbsttagung: Verbandspräsident Michael Klein warnt vor den Herausforderungen für die Kautschuk-Unternehmen. Foto: A. Simmer

Frankfurt. Die deutsche Kautschukindustrie steckt tief in der Krise. Auf der Herbsttagung des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschuk­industrie (wdk) Ende November in Frankfurt wurde das Ausmaß der Probleme deutlich. Für viele Unternehmen ist die Lage mehr als ernst. Die Hoffnungen auf eine Jahresendrallye haben sich zerschlagen. Stattdessen kämpft die Branche mit einem gravierenden Auftragsmangel.

Rückgang bei Umsatz und Produktion

Der wdk-Konjunkturbericht fürs dritte Quartal 2024, der im Rahmen der Tagung vorgestellt wurde, zeigt die ganze Härte der Situation: Der Umsatz der Kautschukbetriebe insgesamt sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,3 Prozent, die Produktion ging um etwa 6 Prozent zurück.

Dieser Einbruch trifft fast alle Bereiche der Branche, von den Herstellern technischer Gummi­waren bis hin zu den Zulieferern der Bau- oder Automobilindus­trie. Selbst spezialisierte Nischenanbieter und sogenannte „Hidden Champions“ spüren den Druck der schwachen Konjunktur. Bereits ein Fünftel der Unternehmen hat daher Kurzarbeit eingeführt. Für einen ähnlich großen Anteil wird die Verlagerung von Produktion ins Ausland zur Überlebensstrategie. Für manche könnte es dennoch zu spät sein – es drohen Insolvenzen und Standortschließungen.

Angesichts der anhaltenden Krise forderte wdk-Präsident Michael Klein (Hutchinson): „Die globale Wett­bewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandorts muss endlich wieder in den Fokus der Bundespolitik gerückt werden.“ Die Liste der Herausforderungen für die Unternehmen ist bekanntlich lang: Hohe Energiepreise, ausufernde Bürokratie, langwierige Genehmigungsverfahren, zunehmender Fachkräftemangel und unzureichende Infrastrukturinvestitionen belasten die Betriebe. Hinzu kommen geopolitische Spannungen, ein zunehmend volatiler Welthandel und Unsicherheiten über den künftigen Kurs der US-Politik. Auch innenpolitische Faktoren verschärfen die Situation: Der Bruch der Regierungskoalition und die im Februar anstehenden Neuwahlen haben wichtige Reformvorhaben ins Stocken gebracht.

Neue Chancen für 2025?

Trotz all der Schwierigkeiten sieht der wdk für das kommende Jahr auch Chancen. In der Bauwirtschaft scheint die Talsohle erreicht. Die Automobilindustrie könnte womöglich von neuen Kaufanreizen profitieren, zudem gilt die breit aufgestellte Forschungs- und Entwicklungsstrategie der deutschen Hersteller als Trumpf. Anders als chinesische Anbieter, die sich nahezu ausschließlich auf die E-Mobilität konzentrieren, verfolgen deutsche Unternehmen einen zweigleisigen Ansatz: Neben Elektro- und Hybridfahrzeugen bleibt das Verbrennergeschäft eine zentrale Säule. Dies erlaubt es, auf regionale Unterschiede in der Elektrifizierungsdynamik flexibel zu reagieren. 

Kurzfristig könnte es zudem positive Sonder­effekte geben: Der Verband rechnet mit sogenannten Vorziehausfuhren. Um möglichen US-Zöllen zuvorzukommen, dürften Unternehmen zunächst noch verstärkt in die USA liefern. Präsident Klein warnte abschließend: „Die deutsche Kautschukindustrie hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass sie auf Krisen und außergewöhnliche Herausforderungen robust und flexibel reagieren kann – und grundsätzlich standorttreu ist.“ Allerdings sei „ab einem gewissen Punkt selbst für sie die Belastungsgrenze erreicht“. Man benötige daher dringend bessere und stabilere Voraussetzungen für die Industrie in Deutschland.

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