Unternehmensreportagen

Schülerjobs: Erst pauken - dann packen

Ann-Julie Freiberg besucht im Gymnasium die zwölfte Klasse und arbeitet nebenbei bei Agergaard, einem Hersteller von Druckmaschinen-Verschleißteilen

von Isabel Link

· Lesezeit 4 Minuten.
Leichte Tätigkeiten: In ihrem Schülerjob bei Agergaard arbeitet Ann-Julie Freiberg in der Produktion. Fotos: KAUTSCHUK/Oliver Knoblich

Celle. So schnell wie Ann-Julie Freiberg verpackt keiner. Mit geübtem Griff steckt sie den Karton zusammen, gruppiert die Schaumstoffdichtungen und ordnet sie perfekt in der Schachtel an. Deckel zu, Aufkleber drauf. Schon ist der nächste Karton dran.

Eigentlich geht Ann-Julie noch zur Schule: Die 18-Jährige besucht die zwölfte Klasse eines Gymnasiums in Celle. In ihren Freistunden jedoch arbeitet sie bei Agergaard Graphic Supplies GmbH, einem Spezialisten für die Entwicklung und Herstellung von Verschleißteilen aus Werkstoffen wie Kunststoff und Metall, die in Druckmaschinen weltweit zum Einsatz kommen. Hier übernimmt sie vor allem leichte Aufgaben wie das Beschriften und Verpacken von Kleinteilen.

Zu Agergaard kam Ann-Julie über ein Schülerpraktikum. Im Frühjahr 2024 schnupperte sie für zwei Wochen in den 40-Mitarbeiter-Betrieb rein. „Einen Monat später rief mich der Chef an und fragte, ob ich Lust hätte, regelmäßig in der Firma zu arbeiten“, erzählt sie. Der Chef, das ist Ole Agergaard, der das Unternehmen 2007 gründete und es mittlerweile zusammen mit seiner Tochter Sofie Agergaard-Wendel führt. 

„Tätigkeiten wie das Entgraten von Gummidichtungen oder das Verpacken sind zwar essenziell, aber auch zeitintensiv und repetitiv“, sagt Agergaard-Wendel. „Da dachten wir, dass wir diese Aufgaben unter guter Anleitung auch Schülern als Nebenjob anbieten können. Das hat gleich zwei Vorteile: Unsere Fachkräfte können sich auf den Kernprozess Produktion konzentrieren und die Schüler können echte Betriebsluft schnuppern und sich sinnvoll einbringen.“ Also inserierte die Firma im Magazin des örtlichen Schützenvereins – doch darauf gab es keine Reaktion. Erst über Mundpropaganda im Kollegenkreis kamen Anfragen für die Schülerjobs.

Ein Plausch zwischendurch: Die Schülerin schätzt den lockeren Umgangston in der Firma – auch mit Chefin Sofie Agergaard-Wendel. Fotos: KAUTSCHUK/Oliver Knoblich

Ein Plausch zwischendurch: Die Schülerin schätzt den lockeren Umgangston in der Firma – auch mit Chefin Sofie Agergaard-Wendel. Fotos: KAUTSCHUK/Oliver Knoblich

Sparen für den ersten Wagen

Inzwischen jobben vier Schülerinnen und Schüler regelmäßig bei Agergaard – entweder in Freistunden oder nach der Schule. Die Bezahlung ist gestaffelt und richtet sich nach dem Alter. Ab 18 Jahren gibt es den Mindestlohn von 12,82 Euro pro Stunde, darunter je einen Euro weniger für jedes Lebensjahr, das zur Volljährigkeit fehlt. „Dadurch erhalten die Schülerinnen und Schüler jedes Jahr automatisch eine Gehaltserhöhung“, sagt Agergaard-Wendel.

Aus Freistunden wird Arbeitszeit

Dass Schüler sich ihr Taschengeld aufbessern, sei in ihrem Jahrgang nicht ungewöhnlich, berichtet Ann-Julie. Einige ihrer Klassenkameraden jobben als Kellner oder Kassierer. „Die meisten wollen sich so den Führerschein oder ein Auto finanzieren“, sagt sie. Sie selbst steckt ihren Arbeitslohn in Urlaube oder erfüllt sich damit den ein oder anderen Wunsch. Außerdem möchte sie auf diese Weise auch ihre Eltern entlasten. „Wenn ich nicht auf mein Taschengeld angewiesen bin, können sie sich selbst auch mehr leisten.“ 

"Im Vergleich zum stressigen Schulalltag ist das entspannend“ 
Ann-Julie Freiberg

Der Job bei Agergaard gefalle ihr, weil er sich perfekt in den Schulalltag integrieren lasse: Oft habe sie bis zum Nachmittag Schule, dazwischen aber mehrere Stunden frei. „In dieser Zeit kann ich arbeiten und nach der Schule dann zum Handball-Training gehen.“

Und wie findet die Schülerjobberin die eher monotone, manuelle Arbeit? „Im Vergleich mit meinem stressigen Schulalltag ist das entspannend“, sagt Ann-Julie. „Man kann dabei auch seinen Gedanken nachhängen.“ Für sie ein weiterer Pluspunkt: die familiäre Atmosphäre im Betrieb. Vor ihrem Praktikum habe sie sich das Berufsleben immer ganz förmlich vorgestellt. „Aber hier duzen sich alle und man kann mit den Kollegen und den Chefs auch mal einen Spaß machen. Das gefällt mir.“

 

3 Fragen … zu Schülerjobs

Unter welchen Bedingungen dürfen sich Jugendliche ihr Taschengeld aufbessern? KAUTSCHUK hat dazu bei Norbert Reiners nachgefragt. Der Arbeitsrechtler ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer vom Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie (ADK).

Ab welchem Alter darf man in Deutschland einen Job haben?

Reiners: Kinder ab dem 13. Geburtstag und Jugendliche, die noch der Vollzeitschulpflicht unterliegen, dürfen mit Einwilligung der Eltern stundenweise beschäftigt werden, wenn diese Beschäftigung leicht und für sie geeignet ist. 

Wie lange dürfen Schüler arbeiten?

Reiners: Auch bei leichten Arbeiten maximal zwei Stunden am Tag. Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind, bis zu 40 Stunden in der Woche – allerdings nur zwischen 6 und 20 Uhr.

Wo dürfen Schüler nicht arbeiten?

Reiners: Kinder und Jugendliche mit Vollzeitschulpflicht dürfen nicht in der Produktion, auf Baustellen, in Tankstellen oder an Kassen eingesetzt werden.

 

Agergaard Graphic Supplies – die Fakten

Die Agergaard Graphic Supplies GmbH wurde 2008 von Ole Agergaard gegründet. Heute leitet er den Familienbetrieb gemeinsam mit seiner Tochter Sofie Agergaard-Wendel. Rund 40 Mitarbeitende fertigen am Standort Celle Verschleißteile aus Metall, Kunststoff und Gummi für die Druckindustrie. Zum Produktportfolio gehören unter anderem Rakel- und Dichtungssysteme für den Flexo- und Tiefdruck.

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