Branchen-News
Was die Branche im September bewegt
Trübe Stimmung in der Kunststoffindustrie, flexible Batterien und Recycling dank Alkohol – die News
von Uwe Rempe
Gedämpfte Erwartungen
Bad Homburg. Im Rahmen des 47. KI-Dialogs, veranstaltet von der Zeitschrift „Kunststoff Information“ im Juli 2024, gab es auch eine repräsentative Konjunkturumfrage. Beteiligt hatten sich 532 Firmen aus der Kunststoffindustrie. Befragt nach „Wie beurteilen Sie die Gesamtentwicklung Ihres Unternehmens im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2023?“ antworteten 48 Prozent mit „schlechter“. Auf der anderen Seite gab etwa jedes vierte Unternehmen an, im ersten Halbjahr 2024 sei es besser gelaufen als im Vorjahreszeitraum. Eine Verbesserung der Lage erhofften sich vor allem Kunststofferzeuger und Maschinenbauer. Recycler und Rohstoff-Distributeure hingegen rechneten mit einem gleichbleibenden Geschäftsniveau. Zudem wurde klar: Maschinenbauer und Recycler leiden aktuell unter einer existenzgefährdenden Nachfrageflaute. Und die Verkaufspreise sind im Keller.
Kunststoff für Flexi-Batterien
Cambridge/UK. Forscher der University of Cambridge haben weiche, extrem dehnbare „Gelee-Batterien“ entwickelt, die in tragbare Geräte oder ins Gehirn implantiert werden könnten, um Medikamente zu verabreichen oder etwa Epilepsie zu behandeln. Die Wissenschaftler ließen sich dabei von Zitteraalen inspirieren, die ihre Beute mit modifizierten Muskelzellen elektrisch betäuben. Hergestellt werden die Gelee-Batterien aus Hydrogelen. Das sind 3-D-Netzwerke aus Polymeren, die über 60 Prozent Wasser enthalten. Zusammengehalten werden diese durch veränderbare Wechselwirkungen, die die mechanischen Eigenschaften des Gelees steuern. Hydrogele sind sehr widerstandsfähig. Sie können Quetschungen widerstehen und sich bei Beschädigungen selbst heilen. Aktuell arbeiten die Forscher an Experimenten, um die Hydrogele sicher in lebenden Organismen zu testen.
Schnelle Heilung
Bremen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung IFAM haben einen Kunststoff-Patch entwickelt, mit dem sich komplexe Reparaturprozesse an defekten Flugzeug-Leichtbaukomponenten beschleunigen und vereinfachen lassen. Dabei wird der thermoformbare Reparatur-Patch auf den defekten Bereich gedrückt. Schon nach 30 Minuten ist das Ersatzteil dank der verwendeten „dynamischen Polymernetzwerke“, sogenannter Vitrimere, ausgehärtet. Dieser neue faserverstärkte Kunststoff kann in der Luftfahrt, bei Schienenfahrzeugen sowie in der Orthopädie oder anderen Branchen eingesetzt werden. „Mit unserem klebfreien, lagerstabilen faserverstärkten Patch ist eine direkte Reparatur beschädigter Verbundwerkstoffe und Hybridstrukturen möglich“, sagt Katharina Koschek, Bereichsleiterin am Fraunhofer IFAM. Dank des Polymers verhalte sich der Patch bei der Lagerung wie ein herkömmlicher Verbundwerkstoff, lasse sich jedoch durch einfaches Erhitzen leicht und sauber ohne weitere Klebstoffe fügen.
Recycling dank Alkohol
Cambridge/USA. Ob starre oder flexible Elektronik – sobald sie ausgedient hat, wird sie zu schwer recycelbarem Schrott. Doch bei der flexiblen Variante steht nun eine Veränderung bevor. Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), der University of Utah und des Facebook-Mutterkonzerns Meta haben ein flexibles Material entwickelt, das die Grundlage für elektronische Bauelemente bildet und sich auflöst, wenn es nicht mehr benötigt wird. Zudem ist es wiederverwertbar. Ein Forscherteam entwickelte ein flexibles Substrat aus Polyimid, einem aromatischen Polymer, das mit bestehenden Fertigungsprozessen kompatibel ist. Das Material wird mittels ultraviolettem Licht schnell gehärtet. Um das Recycling zu erleichtern, integrierten die Forscher Sollbruchstellen in das Material, die sich lösen, wenn das Substrat in Alkohol getaucht wird. Dadurch zerfällt es und setzt die Bauteile frei, während der Rest intakt bleibt.
Perspektivlose Energiepolitik
Berlin. Das aktuelle Energiewende-Barometer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ist deutlich: Derzeit denkt mehr als die Hälfte der Industrieunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten über Produktionseinschränkungen oder -verlagerungen nach. Die Umfrage, wie die Auswirkungen der Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens bewertet werden, kommt zu harten Antworten. Auf einer Skala von -100 für „sehr negativ“ bis +100 für „sehr positiv“ ergibt sich über alle Branchen hinweg ein Wert von -20. Das ist der zweitschlechteste Wert in der Geschichte des Energiewende-Barometers. „Das Vertrauen der deutschen Wirtschaft in die Energiepolitik ist stark beschädigt“, fasst der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks die Ergebnisse zusammen. „Der Politik ist es bisher nicht gelungen, den Unternehmen eine Perspektive für eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen.“