Branchen-News

Was die Branche im Juli bewegt

Strafzölle auf China-Importe, Kunststoff abbauende Superwürmer, Polycarbonat aus Altreifen und unfaire Praktiken – die News

von Uwe Rempe

· Lesezeit 4 Minuten.
Die Verbände TecPart und VDA warnen vor Strafzöllen auf China-Importe: Ein KI-Symbolbild veranschaulicht betroffene Industrien. Illustration: KAUTSCHUK/generiert mit DALL E

Strafzölle sind keine Lösung 

Frankfurt. Michael Weigelt, Geschäftsführer des Branchenverbands TecPart, sieht in Strafzöllen keinen Mehrwert. Er bezieht sich auf Subventionierungsvorwürfe gegen die chinesische Solar-, Automobil- und Chemieindustrie und die daraus folgenden EU-Reaktionen. „Prinzipiell sind wir für freie Märkte und stehen Zöllen beziehungsweise Strafzöllen etwa auf Produkte aus China kritisch gegenüber, da sie in aller Regel den Warenfluss reduzieren und die Waren im Heimatmarkt verteuern“, so Weigelt. Man sei dafür, „mit den wichtigen Wirtschaftsräumen Freihandelsabkommen zu vereinbaren“.

Insbesondere die hohe Regulierungslast durch Verordnungen aus Brüssel belaste die Kunststoffbranche schon über Gebühr. „Die Ankündigung der EU ist ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit“, kritisiert auch Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie. Durch solche Maßnahmen wachse das Risiko eines globalen Handelskonflikts. Zudem seien Ausgleichszölle für aus China importierte E-Autos „nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken“. 

Im Plastik ist der Wurm drin

Weihenstephan. Wissenschaftler der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) haben ein Verfahren entwickelt, in dem Würmer und Mikroorganismen Mikroplastik in Kläranlagen abbauen können. Das Team von Professorin Sabine Grüner-Lempart arbeitet mit einem Biorieselbett­reaktor, der natürliche Lavasteine aus der Vulkaneifel enthält. Deren poröse Oberfläche bietet den Organismen einen optimalen Lebensraum. Bakterien und Pilze bilden darauf einen Biofilm.

Unter der Linse: „Superwurm“ auf Lavastein. Foto: Julian Eckert

Unter der Linse: „Superwurm“ auf Lavastein. Foto: Julian Eckert

Zudem werden auch Egel und Fadenwürmer eingesetzt. Letztere übernehmen die Vorzerkleinerung der Kunststoffpartikel, während die Mikroorganismen das Plastik in seine molekularen Bestandteile zerlegen. Im Labormaßstab funktioniert das Verfahren schon, nun wird mit einem Partner aus der Abwasserwirtschaft im Landkreis Dachau eine Pilotanlage im industriellen Maßstab etabliert. 

Wie aus Altem Neues ensteht

Leverkusen. Covestro, Neste und Borealis werden künftig intensiv kooperieren, um die Kreislaufwirtschaft in der Automobilindustrie auf ein neues Niveau zu heben. Dafür haben die Partner eine Projektvereinbarung unterzeichnet. Ziel ist es, aus recycelten Altreifen hochwertige Polycarbonat-Kunststoffe für Automobilanwendungen zu fertigen. Damit kann zudem die Kunststoff-Wertschöpfungskette verfeinert werden.

Chemcycling: Vom Altreifen zu Polycarbonat. Foto: Covestro

Chemcycling: Vom Altreifen zu Polycarbonat. Foto: Covestro

Altreifen werden durch chemisches Recycling verflüssigt. Weiterverarbeitet können diese in verschiedenen Automobilanwendungen eingesetzt werden, von Scheinwerfern bis hin zu Kühlergrills. Im Gemeinschaftsprojekt verarbeitet Neste die verflüssigten Altreifen und liefert diesen Rohstoff an Borealis. Dort wird dieses Produkt in die Basischemikalien Phenol und Aceton umgewandelt. Covestro schließlich verwendet diese Stoffe zur Herstellung von Poly- carbonaten. Die Partner sehen auch Polyurethan als mögliches Endprodukt.

Fairness ade?

Frankfurt. Michael Klein, Präsident des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie (wdk), beklagt ein unfaires Miteinander in der hiesigen Autoindustrie: „Egal ob ­Kostenexplosionen bei Energie, Frachten, Rohstoffen oder Inflationsausgleichen. Wir erleben als Zulieferer kaum Entgegenkommen in unseren Lieferverpflichtungen gegenüber der Automobilindustrie.“ So sei es den Zulieferern nicht möglich, von den deutschen Herstellern einen Ausgleich für die Kostenlasten der letzten drei Jahre zu erhalten.

wdk-Präsident Michael Klein kritisiert unfaire Praktiken in der Autoindustrie. Foto: wdk

wdk-Präsident Michael Klein kritisiert unfaire Praktiken in der Autoindustrie. Foto: wdk

Es zeichne sich sogar ab, dass die Autoproduzenten chinesische Überkapazitäten im Zulieferbereich nutzen, um den Preisdruck zu erhöhen. Die im internationalen Vergleich zu hohen Kosten könnten am Markt nicht weitergegeben werden. Es stelle sich für viele Firmen die Frage, „ob Deutschland noch der geeignete Standort ist“, so Klein. Vorbildlich sei dagegen der japanische Toyota-Konzern, der seine Zulieferer in dieser schwierigen Situation mit einem Milliardenbetrag unterstützt und seit 2022 berechtigte Preiserhöhungen akzeptiert.

Werkstoffe für Ecomobility

Frankfurt. Anfang Juli hat in der Main-Metropole die Eurobike 2024 stattgefunden. Das mehrtätige Groß- event für die Fahrrad- und Ecomobility-Branche war wie immer zugleich Messe, Kontaktbörse, Mobilitätskonferenz sowie Festival und Netzwerktreffen. Ein Aspekt, der zunehmend in den Fokus gerät, ist der Schutz von Elektronikkomponenten am E-Bike. 

E-Bikes: Hightech-Kautschuk und -Kunststoffe schützen Komponenten. Foto: Eurobike

E-Bikes: Hightech-Kautschuk und -Kunststoffe schützen Komponenten. Foto: Eurobike

In diesem Bereich arbeitet und forscht etwa der Dichtungsspezialist Trelleborg Sealing Solutions, ansässig in Stuttgart. Er gehört zur Trelleborg Group. Das Ziel: verbesserte Kunststoff- und Gummi-Werkstoffe für Dichtungen. Denn diese müssen Akkumulatoren, Motoren und Getriebe zuverlässig vor Wasser, Feuchtigkeit und Staub sowie vor Vibrationen schützen. Auch die Werkstoffe selbst müssen länger den Umwelteinflüssen standhalten. Erst so erreichen E-Bikes eine lange Lebensdauer, bleiben dabei umweltfreundlich sowie ressourcenschonend. Das E-Bike habe die Anforderungen an die Komponenten und Dichtungen nach oben getrieben, hieß es seitens des Unternehmens, vor allem in Sachen Dauerbelastungen. 

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