Standort Deutschland

Warum Deutschland Investoren abschreckt

Unternehmen stellen dem Standort Deutschland schlechte Noten aus. Die USA waren zuletzt deutlich attraktiver

von Michael Stark

· Lesezeit 3 Minuten.
Leere Produktionshallen und trübe Aussichten: Das Investitionsklima in Deutschland kühlt sich merklich ab. Foto: Animaflora PicsStock – stock.adobe.com

München. Deutschland will grüner und digitaler werden. Der Umbau und die Modernisierung der Volkswirtschaft, vor allem ihrer industriellen Basis, ist allerdings ein riesiger Kraftakt. Damit er gelingt, müssen sehr viele Akteure sehr viel Geld in die Hand nehmen. Doch gerade daran hapert es derzeit, trotz einzelner positiver Schlagzeilen: Das Land insgesamt hat ein Investitionsproblem.

Auch die Unternehmen, die für mehr als die Hälfte aller Investitionen in Deutschland verantwortlich sind, halten sich merklich zurück. Laut dem Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo hat sich die Investitionstätigkeit der Firmen zuletzt deutlich eingetrübt. „Auch für das laufende Jahr deuten die Investitionspläne der Unternehmen nicht auf ein Anziehen der Investitionsdynamik“, heißt es in einer aktuellen Ifo-Studie.

Die Verlagerung von Arbeitsplätzen wird wieder Thema

Hintergrund: Der Standort schreckt leider viele Investoren ab. Deutsche Unternehmen etwa stellen ihm im Schnitt nur noch die Schulnote vier aus: „ausreichend“. Jede fünfte Firma vergibt ein „Mangelhaft“, fast jede zehnte gar ein „Ungenügend“ – so das ernüchternde Ergebnis einer Ifo-Befragung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen. Jeweils rund drei Viertel der befragten Unternehmen nennen die steuerlichen Bedingungen, Arbeitskosten, fehlende Fachkräfte und teure Energie als Hemmnisse. Am schlimmsten aber ist die Bürokratie: An der stören sich neun von zehn Firmen! Bedenklich außerdem: Von den Firmen, die aktuell im Ausland investieren wollen, plant mittlerweile jede dritte auch die Verlagerung von Arbeitsplätzen aus Deutschland. Zum Vergleich: Bei einer ähnlichen Ifo-Befragung im Jahr 2017 hatten dies noch 96  Prozent der Unternehmen ausgeschlossen.

Wie dramatisch sich die globale Tektonik beim Thema Investitionen in knapp zwei Jahrzehnten verschoben hat, das zeigt eine neue Studie des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Sie vergleicht die Investitionstätigkeit in der EU, den USA und in China seit 2005. Diese drei Wirtschaftsräume stehen zusammen für rund 60  Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Und da sieht man: Der Anteil Deutschlands an sämtlichen Investitionen in diesen drei Wirtschaftsräumen ist von 2005 bis 2022 deutlich gesunken.

                               

Großer Gewinner ist China

Das zeigt etwa ein Blick auf die Ausrüstungsinvestitionen (zum Beispiel in Maschinen und Anlagen) und die sonstigen Investitionen (etwa in Forschung und Software): Zusammengerechnet fiel Deutschlands Anteil hier von 9,5 auf 5,6  Prozent. Auch die übrigen EU-Länder mussten deutlich Federn lassen. Die USA verloren weniger – und erlebten vor allem zuletzt eine starke Dynamik, auch dank staatlicher Förderung etwa durch den „Inflation Reduction Act“. Der große Gewinner, wenn auch zuletzt mit Problemen: China.

Während die USA insbesondere mit Investitionen in ihren traditionell starken Sektoren IT und Finanzen Akzente setzen, konnte Deutschland nirgendwo so richtig glänzen. „Selbst die deutsche Industrie – eine klassische Stärke des hiesigen Standorts – verliert an Boden“, heißt es in der vfa-Studie. Deren traurige Bilanz: „Alles in allem haben Deutschland und Europa erheblich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt.“ Und das ist gerade für Deutschland ein klares Warnsignal: Denn Investitionen gelten als wichtiger Gradmesser für die Qualität und Attraktivität eines Standorts. Sie beeinflussen das Produktionspotenzial – und damit letztendlich nicht weniger als den zukünftigen Wohlstand einer Volkswirtschaft.

  • PDF