Kautschuk-Konjunktur

Wie energieintensiv ist die Kautschukindustrie?

Wir erklären, woher die Energie kommt, wofür sie verbraucht wird und warum wenig Ökostrom eingesetzt wird

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Bei den massiv gestiegenen Preisen für Strom und Gas kommt es mittlerweile auf jeden Cent an. Verbraucher und Unternehmen trifft es gleichermaßen. In den Energiemarkt kehrt zwar langsam Ruhe ein, dennoch sieht sich vor allem der Mittelstand in seiner Existenz bedroht. Nur: Woher kommt die Energie für Kautschuk? Wofür wird sie verbraucht und warum wird noch wenig Ökoenergie eingesetzt? Wir klären auf.

Flip-Flops, Handschuhe, Pflaster: Überall ist Kautschuk drin. Der Werkstoff ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Nicht nur Industrieverbände betonen die Relevanz der Branche, auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags bescheinigt Kautschukprodukten eine insgesamt „hohe Systemrelevanz “. Sie dienen unserer Grundversorgung mit Medizin und Lebensmitteln, liefern kritische Bauteile für die Mobilität und tragen dazu bei, dass Strom und Wasser in unsere Haushalte gelangen.

Wie hoch ist der Energieverbrauch?



Kaum jemand hinterfragt jedoch, wie viel Energie für Gummistiefel, Reifen und andere Waren verbraucht wird. Eine Antwort darauf liefert das Statistische Bundesamt. Im Jahr 2020 hat die deutsche Kautschuk- und Kunststoffindustrie 83,5 Millionen Terajoule Energie verbraucht. Umgerechnet auf eine vierköpfige Familie, die geschätzte 5.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr benötigt, entspricht das dem Bedarf von rund 4,6 Millionen Haushalten.

Schwerpunkt liegt auf Strom und Gas

Mit 60 Prozent entfällt der Löwenanteil des Energie­bedarfs für die Herstellung von Kautschuk- und Kunststoffwaren auf den Strom. Mehr als ein Viertel wird über Gase abgedeckt und erst rund 1 Prozent über erneuerbare Energien gewonnen. Die energie­intensivsten Kautschukprozesse sind das Mischen, die Formgebung und die Vulkanisation. Bei der Vulkanisation ist der Energieaufwand besonders hoch, weil sie hohe Temperaturen und Drücke erfordert. Die zugeführte Wärmeenergie muss durch Kühlung wieder entzogen werden und geht zumeist verloren. Auch das Mischen der Rohstoffe verbraucht viel Energie, die anschließende Formgebung, etwa durch Extrusion, hat einen mittleren Energiebedarf.

Energieeffizienz im Fokus der Branche

Dass die Kautschukindustrie noch recht wenig Energie aus Erneuerbaren nutzt, hat verschiedene Gründe: Wind und Sonne sind in Deutschland ungleich verteilt. Es fehlt aber auch an Leitungen und Speichermöglichkeiten. Hinzu kommt, dass die Branche zuletzt eher auf Energieeffizienz gesetzt hat, etwa durch energiesparende Maschinen. 2018 (jüngste verfügbare Daten) investierten die Unternehmen 86 Millionen Euro in den Klima- und Umweltschutz, davon fast drei Viertel in Effizienzsteigerungen und Energiesparen. Für die Nutzung der Erneuerbaren wurden lediglich 12 Prozent investiert. Und nach der jüngsten Umfrage des Kautschuk-Arbeitgeberverbands ADK wollen 58 Prozent der Betriebe aufgrund der hohen Energiekosten ihre Investitionsausgaben sogar zurückfahren. 

Teure Energie sorgt für Standortnachteile

Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher KuK-Unternehmen leidet unter den Turbulenzen auf den Energiemärkten. Je teurer die Fertigung in Deutschland wird, desto größer ist die Gefahr, dass die Produktion sinkt, Jobs wegfallen oder ganze Standorte verlagert werden. Denn die Energiekosten schlagen auf die Produktpreise durch. Bei der Herstellung von Synthesekautschuk lag der Energiekostenanteil Stand 2020 bei 8,4 Prozent vom Bruttoproduktionswert. Auf Verarbeiterseite waren es 2,5 Prozent. Infolge der Energiekrise dürften diese Anteile aber erheblich gestiegen sein: So beklagen nach Angaben des  ADK aktuell 88 Prozent der Unternehmen, dass seit 2021 die Energiepreise der Hauptgrund für massive Kostensteigerungen sind.

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